Warum ist Rehkitzrettung wichtig?
Tierschutz und Vermeidung des Mähtods:
Rehkitze, aber auch Junghasen und bodenbrütende Vögel, verstecken sich instinktiv bei Gefahr im hohen Gras, anstatt zu fliehen (sogenanntes "Drücken").
Sie sind dadurch für Landwirte mit Mähmaschinen kaum oder gar nicht sichtbar.
Ohne Rettungsmaßnahmen werden jährlich Tausende von Rehkitzen durch die Mähwerke getötet oder schwer verletzt, was großes Tierleid verursacht.
Gesetzliche Verpflichtung:
Der Tierschutz ist in vielen Ländern (z.B. Deutschland, Art. 20a GG) als Staatsziel verankert.
Landwirte und Jagdpächter sind gesetzlich verpflichtet, Vorsichtsmaßnahmen gegen den Mähtod zu treffen. Das Unterlassen dieser Maßnahmen kann als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz geahndet werden.
Vermeidung von Botulismus in Silage:
Wenn verletzte oder getötete Wildtiere mit in die Silage (Tierfutter) gemäht werden, kann dies zu einer Verunreinigung des Futters mit dem Bakterium Clostridium botulinum führen.
Das Toxin dieses Bakteriums verursacht Botulismus, eine schwere Vergiftung, die zum Tod des gesamten Viehbestandes (z.B. Milchvieh) führen kann.
Was ist bei der Rehkitzrettung zu beachten?
Die Rettung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Jägern/Jagdpächtern und freiwilligen Helfern und muss sehr sorgfältig geplant werden:
1. Vorbereitung und Koordination
Abstimmung des Mähtermins: Der Landwirt muss den Mähtermin rechtzeitig (mindestens 24 Stunden vorher) dem zuständigen Jagdpächter oder einem Kitzrettungsteam mitteilen.
Zeitpunkt der Suche: Die effektivste Suche findet in den frühen Morgenstunden statt (oft direkt nach Sonnenaufgang, 4-6 Uhr), da der Temperaturunterschied zwischen den warmen Rehkitzen und dem noch kühlen Boden am größten ist.
Absperren von Straßen/Wegen: Das Suchgebiet sollte gesichert werden, insbesondere wenn Drohnen eingesetzt werden.
2. Suchmethoden
Die effektivsten Methoden sind:
Drohnen mit Wärmebildkamera: Dies ist die schnellste und zuverlässigste Methode. Die Kamera erkennt die warme Körpertemperatur der Kitze im kalten Gras.
Vergrämung: Am Abend vor der Mahd können Wildscheuchen, Flatterbänder, akustische oder optische Signalgeber aufgestellt werden. Die Rehgeiß empfindet die Störung als Gefahr und bringt ihre Kitze idealerweise selbst in Sicherheit. Diese Methode ist aber nicht immer zuverlässig.
Absuchen ("Verblenden"): Das manuelle Absuchen der Wiese durch Helfer in einer Kette ist sehr zeitaufwendig und weniger zuverlässig.
3. Umgang mit gefundenen Rehkitzen – Die wichtigste Regel!
NIEMALS direkt berühren! Rehkitze dürfen niemals mit bloßen Händen angefasst werden. Der menschliche Geruch kann dazu führen, dass die Ricke (Muttertier) ihr Kitz verstößt – dies wäre sein Todesurteil.
Schutzschicht verwenden: Zum Anfassen und Umsetzen sollten immer Handschuhe (am besten lange Ärmel) in Kombination mit viel frischem Gras oder Getreidebüscheln verwendet werden. Die Pflanzensäfte überdecken den menschlichen Geruch.
Sicherung und Lagerung:
Die gefundenen Kitze werden vorsichtig auf den Grasbüscheln in Transportkisten oder -körbe (die ebenfalls mit Gras ausgepolstert sind) gesetzt.
Die Kisten müssen sicher und im Schatten außerhalb des Mähbereichs abgestellt werden. Oft wird die Stelle mit einem Wäschekorb abgedeckt.
Die Kitze dürfen erst nach Abschluss der Mahd wieder freigelassen werden, um zu verhindern, dass sie in die gemähte Fläche zurücklaufen oder die Ricke verzweifelt nach ihnen sucht.
4. Mähstrategie
Von innen nach außen mähen: Im Idealfall beginnt man mit der Mahd in der Mitte der Wiese oder an einer Seite und arbeitet sich zum Rand hin vor (oder mäht auf den Wald/Rückzugsort zu). Dies ermöglicht den Wildtieren die Flucht in das angrenzende ungemähte Gelände.
Entlang von Straßen zuerst: Bei Flächen, die an Straßen grenzen, sollte von der Straße weg gemäht werden, um die Tiere nicht in den Verkehr zu treiben.
Fazit: Die Rehkitzrettung ist ein essenzieller Beitrag zum Tierschutz und zur Lebensmittelsicherheit. Die effektivste Methode ist die Suche mit Wärmebilddrohnen direkt vor der Mahd, immer unter Einhaltung der strengen Hygiene- und Verhaltensregeln, um die Kitze nicht zu verstoßen.